Wein aus USA: Kalifornien setzt auf Cabernet Sauvignon

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Die bekannteste autochthone Rotweinrebe – aus der Labrusca-Rebe stammend – in den USA ist die Concord. Wegen ihres allgemein als „fuchsig“ bezeichneten Geschmacks wird sie allerdings vorzüglich als Lieferantin für Trauben-Gelee eingesetzt.

Die Mehrzahl aller US-Winzer, bei aller Liberalität im Weinbau, bevorzugt für die Rotweinbereitung die weltweit geschätzte französische Edelrebe Cabernet Sauvignon. Nach Frankreich und Chile finden sich die größten Anbauflächen für den Cabernet Sauvignon in den USA, besonders in Kalifornien (ca. 32000 ha). Dort gilt ein sortenrein erzeugter Cabernet Sauvignon als non-plus-ultra der Weinproduktion und tatsächliche weisen eine Reihe kalifornischer Cabernets das Prädikat „Weltklasse“ auf.

Die Erfolgsgeschichte kalifornischen Weins, insbesondere des Cabernet Sauvignon, hat etwas an sich von einem anderen bekannten Phänomen – dem amerikanischen Goldrausch. In den 70er Jahren begannen bekannte Weinfachleute, mit Millionenaufwand neue Weingüter auszugründen und ausschließlich Erfolgsweine zu kreieren. Die Geschichte um „Opus One“ der Herren Robert Mondavi und Baron Philippe de Rothschild, die ab 1978 international Furore machten, ist noch gut bekannt. Zwar werden die Opus One Weine, etwa von Hugh Johnson aktuell nur noch mit drei Sternen bewertet, gleichzeitig schreibt er aber (Der kleine Johnson, 2015), dass sich das Weingut „derzeit hervorragend in Form“ befindet.

Nicht alle hatten aber Glück mit ihren Weingütern aus der Retorte, unabhängig davon, dass es heute international zahlreiche Nachahmer gibt. Für Premium-Weine – vermutlich das meist missbrauchte Wort in der Weinwirtschaft – ist der Markt begrenzt, und obwohl vielfache Versuche starten, werden doch allzu oft die Investoren von den Weinkunden auf den Boden der Tatsachen zurückgestellt.

Kalifornien: Ernest & Julio Gallo schreiben mit dem Thunderbird Geschichte

Einen völlig anderen Zugang zum Wein – und das scheint eine spezifisch amerikanische Erfahrung und Geschichte zu sein – hat Firma Ernest & Julio Gallo in Modesto/Kalifornien. Welcher Wein 1906 bis zur Prohibition verkauft wurde, konnte nicht zweifelsfrei ermittelt werden. Zunächst wurden angekaufte Trauben versaftet, später eine Farm erworben. 1957 wurde eine Mischung namens „Thunderbird“ vertrieben, bestehend aus weißem Portwein und Zitronensaft. Dem US-Verbraucher gefiel das Produkt, sodass beständig hohe Gewinne erwirtschaftet werden konnten. Im Jahr 2007 konnten die Brüder Gallo das weltgrößte Weingut in Familienbesitz mit der zweitgrößten Weinproduktion der USA ihr eigen nennen.

Die Zitronenschorle wird aktuell nicht mehr verkauft; als historische Reminiszenz gibt es aber den „Thunderbird“ wieder. Der 4600-Mitarbeiter-Konzern verkauft in 90 Ländern der Welt seine Weine, wie Hugh Johnson schreibt, „alle zwar von bescheidener Qualität, aber verlässlich und erschwinglich“.

Besonders stolz ist Gallo vermutlich auf seinen Cabernet Sauvignon, obwohl – Gallo weiss es – inzwischen der Merlot in Kalifornien und anderswo, dem Cabernet den Rang abgelaufen hat. In Kalifornien gilt der sortenreine Ausbau als höchste Vollendungsstufe.

Für 4,99 € ist der Cabernet Sauvignon – Jahrgang 2013 – aus den Gallo Family Vinyards in Deutschland zu haben. Gallo charakterisiert ihn selbst wie folgt: „Schmecken sie mit diesem Cabernet Sauvignon mittleren Körpers all die Erfahrung und die Leidenschaft der Familie Gallo für ihren Wein, die von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Dieser Wein verbindet den ausgeprägten Geschmack dunkler Beeren mit einer leichten Gewürznote und präsentiert einen langen, samtigen Abgang. ..“

In der Tat handelt es sich bei dem noch unter Steinbrück-Preisgrenze angebotenen Wein um einen „mittleren Körpers“. Mit seinen 13 Volumen-Prozent ist der Gallo-Cabernet „kraftvoll und füllig“ und perfekt ausbalanciert. Aber auch im Geschmack scheint die „mittlere“ Kategorie vorherrschend, denn zwar konnte man sich „dunkle Beeren“ vorstellen, aber das typische Aroma von schwarzen Johannisbeeren war nicht wahrzunehmen, wie auch die Gewürznote (welches?) nicht feststellbar war.

Rund um den Globus kostet praktisch jeder Cabernet Sauvignon – in Deutschland – mehr als 4,99 €. Vermutlich weist aber auch jeder dieser Weine, deutlichere sortentypische Merkmale auf. Die mit Bezug auf Gallo von Hugh Johnson genannten „billigen Tropfen“ sind daher durchaus nicht alternativlos. Eine andere Perspektive bzw. Deutung bietet der „amerikanische Weingeschmack“, der sich in vielen Jahren in den USA herausgebildet hat, und der bewusst auf Ecken und Kanten verzichten möchte.


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