Das Nackttheater als Publikumsmagnet: Blanke Haut, so weit das Auge reicht

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Das Nackttheater schafft, was das konventionelle Theater in den letzten Jahrzehnten nicht konnte. Es gibt sogar Nackttheater, in denen das Publikum nackt vor der Bühne sitzt. Wie es zu dem neuen Hype kam und was in den Videos zu sehen ist, das zeigen wir euch jetzt und hier.

Update: Schmidts Winterglitzer: Die Premiere, die nackte Haut zum Glitzern brachte

Am Abend des 22. November 2023 strömten die Theaterliebhaber in Scharen in das Kiez-Loft, um die ausverkaufte Aufführung von „Schmidts Winterglitzer“ zu erleben. Die Vorfreude in der Luft war greifbar, denn die Ankündigung versprach ein kitschig-schräges Showspektakel, präsentiert von den bravourösen Breidenbachs.

Schon zu Beginn der Show wurde klar, dass diese Vorstellung alles andere als gewöhnlich sein würde. Nik Breidenbach und seine Schwester Dörthe führten charmant durch den Abend und sorgten von Anfang an für gute Laune im Publikum. Doch es war nicht nur ihr Entertainment-Talent, das die Zuschauer in den Bann zog.

Eine der auffälligsten Aspekte dieser Aufführung war zweifelsohne die Tatsache, dass viel nackte Haut zu sehen war. Von Terrél Woodbury, der mit seiner Gänsehautstimme und Entertainer-Qualitäten überzeugte, bis hin zu Jerry Tremblay, der atemberaubende Kunstrad-Stunts präsentierte – die Grenzen zwischen Kunst und Körperkunst verschwammen in dieser Show.

Besonders in Erinnerung wird vielen sicherlich Tronicat La Miez bleiben, eine der erfolgreichsten Burlesque-Künstlerinnen Europas. Mit ihren verführerischen Darbietungen brachte sie die Saaltemperatur zum Steigen und sorgte für so manches Aufsehen im Publikum. Es ist unbestreitbar, dass „Schmidts Winterglitzer“ in Sachen Erotik keine Zurückhaltung kannte.

Nackttheater am Kiez mit Tronicat La Miez in Schmidts Winterglitzer. (Foto: Morris Mac Matzen)

Nackttheater am Kiez mit Tronicat La Miez in Schmidts Winterglitzer. (Foto: Morris Mac Matzen)

Neben der Faszination für nackte Haut bot die Show auch ein Feuerwerk an talentierter Artistik, wilden Spielen, wunderbaren Songs und beeindruckenden Choreografien. Das Publikum wurde immer wieder mit Überraschungen verwöhnt, und das Geschwisterpaar Breidenbach bewies sich als kongeniales Gastgeberduo.

Insgesamt war „Schmidts Winterglitzer“ eine Aufführung, die sicherlich für Gesprächsstoff sorgen wird. Das kitschig-schräge Showspektakel war nicht nur unterhaltsam, sondern auch gewagt und mutig in seiner Darbietung von nackter Haut und Sinnlichkeit. Die Breidenbachs und ihre talentierten Gäste haben das Publikum auf eine außergewöhnliche Reise mitgenommen und bewiesen, dass Theater auch jenseits der gewohnten Grenzen der Kunst stattfinden kann.


Das Nackttheater voller Reize

Viele Theater gehen den Trend des Nackttheaters nicht mit. Die Bühne wird jedoch immer mehr zum Schauplatz nackter Menschen. Sie sind laut, geizen nicht mit Reizen und haben teilweise das Zeug, den Zuschauern gehörig auf die Nerven zu gehen. Häufig setzt aber auch das normale Theater auf eine Reizüberflutung und auf große Lautstärke. Ein ganzes Leben wird auf der Bühne präsentiert, damit erklären sich auch Lautstärke und Reizüberflutung im Theater. Die Frage lautet: Wie könnte ein Theater, an das so vielfältige Anforderungen gestellt werden, leise sein?

Das Theater ist laut geworden

Theaterkritiker sind der Auffassung, dass das Nackttheater nicht allein als Neuheit auf den Bühnen gilt. Insgesamt ist die Bühne eher laut geworden und hat sich gegenüber den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Anders als in manchen Videos, in denen Sex zum Verkaufen beitragen soll, geht es auf der Bühne um die künstlerische Darbietung. Die Videos im TV zeigen hingegen weniger die künstlerische Seite und bleiben auf den Sex reduziert.

Mithilfe verschiedener Stilmittel soll das Theater laut und die Bühne intensiver werden. Die Verwirrung der Zuschauer wird nicht zuletzt durch die Verwendung von digitalen Medien und lauter Musik als Stilmittel erreicht. Das Theater nutzt mediale Feuerwerke zum Unterstreichen einer Aussage. Dass heute nackte Menschen auf der Bühne zu sehen sind, ist nur der nächste Schritt im Ringen um Aufmerksamkeit. Teils erscheinen die nackten Menschen auf der Bühne zu kalkuliert und nehmen dem Stück die Wirkung. In vielen Fällen waren nackte Schauspieler der nächste logische Schritt auf der Lautstärkeskala.

Das Ekeltheater muss jedoch von den künstlerischen Darstellungen des Nackttheaters unterschieden werden. Joachim Lottmann zeichnet für diesen Begriff verantwortlich, denn er zeigte völliges Unverständnis für Schauspieler, die ihre Ausscheidungen zum Teil der Aufführung werden ließen. Die Menschen, die sich heute nicht mehr an die Norm anpassen wollen, finden also kackende Darsteller toll? Die künstlerische Seite bleibt aber nach Meinung vieler Zuschauer doch auf der Strecke. Der Wunsch des Theaters, den Menschen im Gedächtnis zu bleiben, wird mit derartigen Aufführungen aber dann doch Realität. Das Nackttheater ist damit für alle ideal, die etwas Neues probieren und vor allem offen für vielfältige Kunstrichtungen sind.


So präsentiert sich das Nackttheater

Das Theater der Neuzeit ist nicht mehr mit dem früheren Theater vergleichbar. Die Antike kannte bereits nackte Aufführungen, bei Olympia waren es allerdings die Sportler, die unbekleidet blieben. Wenn heute aber ein Schauspieler nackt auf der Bühne steht oder in einem Video nackte Menschen zu sehen sind, erregt das. Häufig ist die Erregung beim Anblick der nackten Darsteller eher mit einem Ärgernis verbunden. Vielmehr wird häufig ein gewisses Ärgernis erregt, denn nicht alle Zuschauer kommen damit klar, dass die Schauspieler im Theater sich ihrer Kleider entledigt haben. Die Zahl der Nackttheater nimmt jedoch zu, wie diese Beispiele zeigen:

  • Cabaret „Crazy Horse“

    Die Schauspielerinnen des Cabarets in Paris streikten sogar schon, nahmen dann aber doch wieder ihre Arbeit auf. Die Schauspielerinnen streikten, weil sie mehr Geld haben wollten, es ging nicht um die nackte Arbeitsweise. Die anvisierte Gehaltserhöhung wurde durchgeboxt und die Schauspielerinnen und Tänzerinnen präsentieren sich heute wieder den alljährlich rund 140.000 Zuschauern. Belgische Investoren haben das Cabaret vor einiger Zeit übernommen und werden es hier nahe der Champs-Élysées weiterführen.

  • Volksbühne-Dependance „Prater“

    Aufgeführt wurde hier das Stück „Die Sonne“. Der Hauptdarsteller in dem Stück von Olivier Py springt am Ende gar unbekleidet in das Publikum, wobei generell viel nackte Haut von männlichen Darstellern zu sehen ist. Olivier Py will mit seinem Stück eine „unerträgliche Nacktheit“ zeigen, bei der sich die Zuschauer einig sind, dass das ganze Stück durchaus unerträglich ist. Die Aufführung dauerte über drei Stunden, wobei nur wenige Zuschauer das Stück bis zum Ende sahen und lieber schon vorher den Saal verließen.

  • FKK-Theater in Frankreichs Hauptstadt

    FKK ist in Frankreich weit verbreitet, die Gruppe der Nudisten riesig. Wenn sich der Winter ankündigt, zieht es auch die Nudisten ins Warme. Ein Pariser Theater wurde zur neuen Heimat für Frankreichs Nudisten. Ein echtes FKK-Theater verlangt nackte Haut, daher zogen sich die Besucher im Palais de Glaces aus. Wer das Stück „Nu et approuvé“ sehen wollte, musste nackt sein. Aus hygienischen Gründen musste ein eigenes Handtuch mitgebracht werden, eine Ausnahme stellten nur die VIP-Gäste dar, die ein Handtuch gestellt bekamen. Socken und Schuhe musste niemand ausziehen, was sicherlich einen sehr lustigen Anblick sämtlicher Zuschauer ermöglicht haben dürfte. Angetan waren die Zuschauer von der angenehmen Wärme im Saal, anderen wiederum zeigten sich erfreut, dass es dunkel war. Ob die Nacktheit in einem Theatersaal als angenehm aufgenommen wurde, sei angesichts der Freude über das Dämmerlicht einmal dahingestellt.

  • Park New York

    Der New Yorker Park war ebenfalls Schauplatz für alle, die nicht immer brav sein möchten. Hier wurde das Stück „Der Sturm“ aus der Feder von William Shakespeare aufgeführt. Wer als Schauspieler mitmachen wollte, musste nackt auftreten. Die Zuschauer zeigten sich nicht alle begeistert, wie auf verschiedenen Schnappschüssen gut erkennbar ist.


Nackttheater für alle spannend?

Nicht überall ist die Nacktheit kein Problem und was für Film und Fernsehen gilt, ist für das Theater nicht maßgeblich, denn hier ist Nacktheit immer noch verpönt. Das Theater kennt nackte Körper schon seit jeher als Stilmittel, daher verwundert es umso mehr, dass diese scheinbar nicht überall gut ankommen oder als ungewohnt gelten. Viele Anhänger des Nackttheaters freuen sich dennoch darüber, sie berichten in ekstatischer Freude über ihre Theatererlebnisse. Dass hinter der Nacktheit eine kleine Revolution stecken soll, sehen viele nicht. Da die Menschen heute allzu sehr von der Ästhetik beeindruckt werden, geht es im Kern des Nackttheaters um eine Kritik an der Gesellschaft. Wichtig ist dabei, dass Sex kein politisches Druckmittel sein soll. Die auf der Bühne dargestellten Körper zeigen sich unvollkommen und natürlich, was in den digitalen Medien heute kaum noch der Fall ist. Zuschauer vor dem TV werden eher als Voyeure gesehen, sie beobachten alles aus der Perspektive von außen. Im Theater ist es hingegen so, dass die Zuschauer teilweise aktiv dabei sein können und die Handlung sogar mitbestimmen.

Das Nackttheater und seine Schauspieler

Moderne Schauspieler ohne Hemmungen verlangen ein eben solches Publikum. Das Nackttheater ist nicht jedermanns Sache und trifft auch unter Schauspieler durchaus auf Kritik. Das Wohlfühlen auf der Bühne kam nicht direkt zu Beginn, sondern viele Darsteller müssen sich erst in ihre nackte Rolle hineinfinden. Gleichzeitig fühlen sich viele von ihnen wie befreit und haben diese Befreiung schon in den Proben erfahren. Scheinbar ist die Unterhose das Kleidungsstück, das die Beklemmungen der Darsteller mit sich nehmen kann.

Einige der befragten Schauspieler berichteten, dass sie sich für das Ausziehen in den Proben ebenso überwinden mussten wie für das Entkleiden vor Publikum. Schnell stellte sich ihrer Meinung nach ein Wir-Gefühl ein, man agierte wie ein einziger Organismus auf der Bühne. Jeder Darsteller war Teil eines Ganzen und kein Individuum mehr. Wer auf der Bühne nackt performen muss, fühlt sich ohne Individualität besser aufgehoben und sicherer.

Wichtig ist die inhaltliche Untermalung der Nacktheit. Hemmungen fallen leichter und auch Berührungen, zu denen es unweigerlicher unter den Akteuren kommt, werden nicht als unangenehm empfunden. Die Darsteller kennen sich untereinander und empfinden keine Scham über ihre Nacktheit. Geht ein Schauspieler ins Publikum, lösen sich auch dort die Anspannungen. Zuerst müssen die Darsteller herausfinden, ob ihnen die Zuschauer zugetan sind, ehe sie in das Publikum gehen und sich dort ebenfalls nackt präsentieren.

Training der Nacktheit ist essenziell

Für die meisten Zuschauer ist das Nackttheater eine ganz neue Erfahrung. Keiner der Zuschauer sagt von sich selbst, dass er ein ausgesprochener Nudist sei, der sich anderen Leuten nur noch ohne Kleidung zeigen will. Wer sich nicht anpassen möchte oder nach neuen Erlebnissen lechzt, ist im Nackttheater gut aufgehoben. Manche sagten schon aus, dass sie wollten, dass ihnen das Blech vom Dach flöge. „Wir wollen, dass uns das Blech vom Dach fliegt!“, so die Aussage eines Zuschauers. Einige Zuschauer suchen nach Extremen und wollen etwas gänzlich Unerwartetes erleben. Ein Zuschauer war gar der Meinung, dass es gut sei, wenn einem „das Blech vom Dach flöge“. Befragt nach ihrer Intension, warum sie im Nackttheater seien, meinten einige Zuschauer, dass sie endlich etwas Verrücktes erleben wollten. Die Begeisterung vor der Veranstaltung ist stets groß, ob die Realität die Erwartungen erfüllen kann, ist nicht klar.

Das Nackttheater ist eine Gewohnheitssache, was sowohl für die Zuschauer als auch für das Publikum gilt. Sie haben jedoch bereits an der Schauspielschule gelernt, ihren Körper einzuschätzen und Hemmungen abzubauen. Dass die Kleidung fällt, ist für Schauspieler dank ihrer Ausbildung nicht mehr schwer. Dennoch wird Nacktheit natürlich nicht an der Schauspielschule trainiert. Die wenigsten Schauspieler können mit einem Modelkörper aufwarten. Unvollkommene Körper werden durch die Schauspieler gezeigt, was der eine oder andere als Herausforderung betrachten mag. Wer sieht schon so aus wie die Models in den Zeitschriften oder in den Videos, die stundenlang bearbeitet wurden? Das echte Leben wird demnach auf der Bühne gezeigt, wobei sich die Schauspieler oft nicht allzu ernst nehmen. Die Schauspieler wissen genau, dass das Publikum unter der Kleidung ähnlich aussieht, damit fällt es ihnen oft leichter, die Hüllen fallen zu lassen. Allerdings ist der körperliche Zustand der Zuschauer teilweise sogar direkt erkennbar, wenn diese nämlich ebenfalls nackt vor der Bühne sitzen.


Fazit: Nackttheater als normales und lautstärkeintensives Erlebnis

Nicht alle lieben ein Theater, in dem alle nackt sind. Das Nackttheater gilt als normale Form der darstellenden Kunst. Sowohl Zuschauer als auch Darsteller fühlen sich im Nackttheater weniger wegen ihrer Nacktheit gehemmt. Wirklich durchsetzen können wird sich diese im übertragenen Sinne lautstarke Theaterform gegenüber dem klassischen Theater sicherlich nicht.

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