„Wer einen Rotwein sucht, der die Eigenschaften eines frischen Moselweines besitzt, muss zum Lemberger greifen.“ Diese Charakterisierung des „Taschenbuch der Rebsorten“ ist durchaus zutreffend und bildet eine immerhin kleine Erfolgsgeschichte dieser Rebsorte – die auch Blaufränkisch oder Limberger genannt wird – in Deutschland ab. Seit den 80er Jahren hat sich die Rebfläche der aus Österreich stammenden Sorte auf insgesamt rund 1700 ha gut vervierfacht, vor allen Dingen in Württemberg, wo rund 95 % der Bestände liegen.
Ob der Herkunft der Sorte etwas mit dem früheren Lemberg, heute Lwiw, früher in Galizien gelegen, heute in der Westukraine, zu tun hat, ist unklar. Dafür sprechen auch die zahlreichen Synonyme der Sorte – der Name könnte ebenso auch auf Wein-Handelsströme zurückgehen. „Das Weinlexikon“ bietet nur allgemein die „Donauländer“ in dieser Frage an.
Die spät reifende Sorte bringt gewöhnlich fruchtige, kraftvolle und je nach Vinifikation farb- und tanninreiche Weine hervor, die „oft zu den besten der meist guten, in besseren Jahren mitunter ausgezeichneten württembergischen Rotweine zählen“, so „das Weinlexikon“.
Wie auch bei der Sorte Syrah ist der Umgang mit der schwarzbeerigen und tanninreichen Sorte nicht unproblematisch. Dem frischen und leichten Charakter des Lembergers widerspricht ein wenig die Ernsthaftigkeit und Tiefe von reichlich Gerbstoffen. Auch die berühmten gerbstoffreichen Weine der Hermitage gelingen nur in sehr guten Jahren und brauchen lange Reife. In Württemberg sollte deshalb unterhalb der Schwelle von Spitzenjahrgängen unbedingt eine Entrappung erfolgen. Die Geeignetheit für eine lange Lagerdauer wird dem Lemberger allerdings attestiert.
Die geringe Anfälligkeit gegen Fäulnis erlaubt eine recht späte Lese, noch nach der Lese des Spätburgunders.
Dem deutschen Reichsgründer Fürst Bismarck wird eine Vorliebe für den Lemberger nachgesagt, man weiss nur nicht ganz genau, ob diese Liebe auf die Lage am Neusiedler See oder allgemein auf die Rebsorte zurückgeführt wird. In Deutschland sind die Verhältnisse dagegen geklärt: Die Württemberger lieben die rote Rebsorte, noch vor dem Spätburgunder (1300 ha), aber nach dem Trollinger (aktuelle Rebfläche 2300 ha).
Ein Vergleichstest der Weinzeitschrift FEINSCHMECKER im Herbst 2014 zwischen Österreichischen und Württemberger Weinen fiel zugunsten der ausländischen Konkurrenz aus. Bei höchst unterschiedlichsten Flaschenpreisen erscheint dieses Ergebnis höchst bemerkenswert. Möglicherweise spielt die längere Erfahrung der Österreicher mit der Rebsorte eine maßgebliche Rolle – Einfluss haben sicher auch Boden und Klima, die im Vergleich zu Württemberg ziemliche Unterschiede bilden.
Leider scheint es in Württemberg auch Winzer zu geben, bei denen das Hauptanliegen beim Lemberger-Anbau in der besseren Farbausbeute bestehen könnte. Auch die häufige Verschnittpraxis – Lemberger und Trollinger – scheinen diesem Anliegen öfters geschuldet zu sein.
Mit derartigen Praktiken kommt man in Württemberg allerdings nicht aus der Image-Falle weder des Lembergers – ernsthafter Charakter oder frisch – oder des Trollingers – als gefälligem Kneipwein – nicht heraus. So behalten leider die württemberger Lemberger nur eine regionale Bedeutung, wiewohl es einzelne Spitzenerzeuger gibt; sie sind allerdings zu wenige um eine durchschlagende Image-Verbesserung zu erzielen.
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