GTI Reisen: Schock für Reisende im Ausland

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GTI Reisen überraschte 2013 mit Insolvenz. Eine missgünstige Situation für viele Deutsche. Für 5.000 Urlauber im Ausland wurde die Rückkehr plötzlich zur Tortur. Was hat dazu geführt, und welche Ansprüche habe ich? Corona hat es den Reiseveranstaltern nicht einfacher gemacht. Auch das Leben der Menschen wurden aus den Fugen gehoben. Einschränkungen im öffentlichen Raum bei zeitgleich wachsender beruflicher Freiheit münden in veränderte Bedürfnisse. Demnach muss Reisen von Anbietern wie Konsumenten neu gedacht werden. Im Folgenden werfen wir einen Blick auf Reisebranche und Trends.

GTI Reisen: Überflieger am deutschen Markt

GTI Reisen (German Travel International) konnte sich mit seinem Angebot günstiger Türkei-Reisen einen Namen machen. In seiner Blütezeit lag das in Nordrhein-Westfalen ansässige Unternehmen auf Platz acht der zehn führenden Veranstalter für Urlaubsreisen im deutschen Tourismusmarkt. Die ca. 600.000 Kunden buchten jährlich Reisen im Wert von um die 320 Millionen Euro. Was das Unternehmen ausmachte, waren langjährige Branchen-Erfahrungen, Wirtschaftskompetenzen sowie tiefe regionale Kenntnisse.

Infografik: Marktausblick für die Reise- und Tourismusbranche in Deutschland. Trotz Pleiten wie von GTI Reisen entwickelt sich die Branche gut. Die Umsätze werden dennoch erst 2024 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. (Foto: shutterstock - DisobeyArt)

Infografik: Marktausblick für die Reise- und Tourismusbranche in Deutschland. Trotz Pleiten wie von GTI Reisen entwickelt sich die Branche gut. Die Umsätze werden dennoch erst 2024 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. (Foto: shutterstock – DisobeyArt)

Trotz Standortvorteil kam das Aus für GTI Reisen: Warum?

Die Gründung des Familienunternehmens GTI Reisen erfolgte 1994 in Düsseldorf. Es wurde zum Teil der türkischen Unternehmensgruppe Kayi. Unter ihrem Dach waren neben der Riva-Hotelgruppe sowie der Sky Airlines-Fluggesellschaft auch die Reiseveranstalter DTI in Holland, Buchmal-Reisen und GTI Polen vereint. Die Wurzeln von GTI Reisen liegen trotz Gründung in Deutschland in Antalya. Die Verbindungen zum Feriengebiet sowie die damit einhergehenden Dienstleistungen stellten einen ausschlaggebenden Faktor dar, wieso jährlich hunderttausende Kunden ihre Reisen bei dem Reiseanbieter buchten. Die künftigen Urlauber konnten sich stets auf zugeschnittene Services der bis zu 4.000 Mitarbeiter verlassen. Diese waren mit dem Zielland, seinen Bewohnern, kulturellen Bräuchen sowie der touristischen Infrastruktur gut vertraut. Das geschätzte Portfolio beinhaltete auch umfassende Qualitätskontrollen. Die Anmeldung der Insolvenz im Jahr 2013 durch die Kayi Group traf auch GTI Reisen. Missglückte Verkäufe von Unternehmensbeteiligungen sowie Fehlplanungen im Airline-Geschäft gab das Unternehmen offiziell als Gründe an.

Das Gericht klagt an: schwere Vorwürfe stehen im Raum

Sechs Jahre nach der Pleite von GTI Reisen erhob ein Düsseldorfer Gericht schwere Vorwürfen gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Unternehmens. Per internationalem Haftbefehl gesucht, wurden ihm nach seiner Festnahme in der Ukraine betrügerischer Bankrott sowie Untreue angelastet. Trotz besseren Wissens soll er laut Staatsanwaltschaft die Zahlungsunfähigkeit nicht ordnungsgemäß gemeldet haben. Persönliche Bereicherung aus der Firmenkasse steht ebenso auf der Anklageliste. Der Tatvorwurf belief sich auf eine Unterschlagung von 10,5 Millionen Euro. Drei Komplizen waren ebenfalls angeklagt, aber konnten einer Verhaftung zum Verhandlungs-Zeitraum noch entgehen. Laut Aussage der Ehefrau des Hauptangeklagten waren kurzfristig verwehrte Kredite in Höhe von 45 Millionen Euro der Grund für die unvermittelte GTI Reisen Pleite.

Insolvenzprognose: Anteil insolvenzgefährdeter Unternehmen der  Branche Reiseveranstalter und Reisebüros pro Bundesland
Bundesland Februar 2020 Januar 2021 Prozentuale Veränderung
Baden-Württemberg 6,3% 7,7% +22,2%
Bayern 4,8% 6,6% +35,9%
Berlin 7,3% 9,8% +35,0%
Brandenburg 5,9% 7,5% +28,0%
Bremen 7,9% 10,8% +42,0%
Hamburg 7,8% 8,5% +8,9%
Hessen 6,4% 8,0% +25,0%
Mecklenburg-Vorpommern 5,6% 7,6% +35,0%
Niedersachsen 4,9% 6,6% +35,0%
Nordrhein-Westfalen 6,8% 8,9% +32,0%
Rheinland-Pfalz 5,3% 7,8% +47,0%
Saarland 7,2% 8,2% +14,0%
Sachsen 7,0% 10,4% +4,8%
Sachsen-Anhalt 9,8% 12,6% +28,0%
Schleswig-Holstein 4,3% 6,0% +40,0%
Thüringen 6,4% 6,8% +6,6%
Quelle: CRIF Bürgel, Vergleich Februar 2020 vs. Januar 2021, Stand Februar 2021

Plötzliche Insolvenz von Anbieter schockt Reisende

Als 2013 alle Mitglieder der Kayi Group und damit GTI Reisen die Insolvenz bekannt geben mussten, waren viele Reisende geschockt. 5.000 Pauschaltouristen traf die Entscheidung unerwartet im Ausland, wo sie auf einmal ohne Sicherheit auf Rückreise festsaßen. Weitere 70.000 standen kurz vor Reiseantritt, und es war ungewiss wie es um die gebuchte Reise bestellt war. Dank des damals noch vergleichsweise gesunden Marktes konnten diese Kunden zwischen Kompensationsmöglichkeiten konkurrierender Anbieter wählen. Manche hatten die Wahl zwischen alternativen Routen zu ihren Urlaubszielen oder einer Erstattung der Kosten über den Insolvenzverwalter. Andere Reisen wurden hingegen zurückgeholt. Der Verbraucher wird von solchen Fällen so oder so verunsichert. Wobei sich die Bedürfnisse vor dem Hintergrund der Pandemie hin zu mehr Sicherheit und Flexibilität verlagern.

So entwickelt sich die Reisebranche

Die ökonomische Basis des deutschen Tourismusmarktes ist unabhängig vom Fall GTI Reisen alles andere als robust. Seit Jahren werden in der Branche magere Umsatzrenditen von zwei bis drei Prozent als willkommen betrachtet, und das auch in florierenden Zeiten. Es überrascht daher nicht, dass für etwa zwei Drittel aller Reiseveranstalter die Bedrohung einer Pleite unmittelbar greifbar ist. Das geht aus einer Studie des Deutschen Reiseverbands (DRV) hervor. Insbesondere mittlere und kleine Anbieter sehen nur geringe Überlebenschancen für ihr Geschäft. Die nach wie vor unwägbaren Umstände durch Corona spielen eine Rolle und ein weiterer Faktor sind die Konsolidierungsbestrebungen der Branche. Quasi über Nacht kann sich ein eben erst von Regularien befreites Urlaubsziel wieder zum Risikogebiet entwickeln. Durch die damit einhergehenden Stornierungskosten leidet die Liquidität der Unternehmen.

Reiseveranstalter, die im deutschsprachigen Raum die Nase vorn haben

Häufig landet man im Zuge der Urlaubsplanung bei einem großen Reiseveranstalter, wenn nicht direkt, dann indirekt. Die Unterbringung der Reisenden sowie Beförderung und optional die Dienste des Reiseleiters zählen zu den Hauptreiseleistungen. Reiseveranstalter lassen diese oft durch andere Unternehmen erbringen. Als führend gelten im deutschsprachigen Raum folgende Reiseveranstalter:

Infografik: die sieben größten Reiseveranstalter, die Top 7 der Top 10 in Deutschland, gemessen an ihrem Gesamtumsatz im Jahr 2019. (Foto: shutterstock - MrMax)

Infografik: die sieben größten Reiseveranstalter, die Top 7 der Top 10 in Deutschland, gemessen an ihrem Gesamtumsatz im Jahr 2019. (Foto: shutterstock – MrMax)

Wie bekomme ich in einem Fall wie GTI Reisen mein Geld zurück?

Wie GTI Reisen meldet mein Reiseanbieter kurz vor Erfüllung des Vertrages Insolvenz an. Was kann ich nun tun? Ihre Ansprüche können in dem Fall bei der Insolvenzversicherung eingefordert werden.

Bedeutung des Sicherungsscheins

Die Übergabe des sogenannten Sicherungsscheins bei Reisebuchung belegt dieses Recht. Vor etwaiger Zahlung muss dieser übergeben werden. Wird der Vertrag nicht erfüllt, kann der Kunde sämtliche Kosten inklusive Anzahlungen zurückverlangen. Dafür muss jedoch die Voraussetzung erfüllt sein, dass die Insolvenzmasse über genügend Mittel verfügt, alle Geschädigten auszubezahlen. Nicht immer kann davon ausgegangen werden. Ein geringer Anteil der wirklichen Einzahlungen fließt nur zu einem kleinen Prozentsatz zügig zurück. Man sollte sich auf Monate, wenn nicht Jahre einstellen bis man einen nennenswerten Geldeingang verbuchen kann.

Der Urlaub muss durch Insolvenz nicht enden

Sofort nach Bekanntwerden der Pleite sollten Betroffene sich bei dem Unternehmen melden und sich eine schriftliche Bestätigung des Sachverhalts aushändigen lassen. Das Ende aller Geschäftsbeziehungen ist nicht zwangsläufig mit Meldung der Insolvenz verknüpft. Um sich ankündigende Schäden zu begrenzen oder sogar zu vermeiden, werden oft kurzfristige Überbrückungsmaßnahmen eingeleitet. Eine geplante Reise kann so trotz Insolvenzverfahren stattfinden. Wichtig ist, dass eine Vereinbarung getroffen wurde.

Neuer Trend Heimaturlaub

Das Leben der Menschen wird von Covid auf den Kopf gestellt. Ganz besonders das Reisen trifft es. Unbeschwerte Urlaubsplanung ist in den letzten zwei Jahren quasi zum Fremdwort geworden, zu unwägbar die Regelungen, die die Pandemie im In- und Ausland nach sich zog. Im Mai 2021 durften Hotels und Ferienunterkünfte in Deutschland nach monatelangem Lockdown wieder stufenweise öffnen. Es dauerte nicht lange und auf Sylt waren selbst teure Unterkünfte nicht mehr zu haben. Raus hieß die Devise, no matter what, ganz im Zeichen von „Revenge Travel“. Die unkompliziertere Planung von Urlaubszielen innerhalb Deutschlands kommt dabei vor allem den Bedürfnissen von Familien entgegen.

Wohin reisen internationale Gäste in Deutschland?
Bundesland Übernachtungen in Millionen Davon internationale Gäste
Bayern 94,36 19,12
Berlin 31,15 13,98
Baden-Württemberg 52,93 11,39
Nordrhein-Westfalen 51,51 10,99
Hessen 34,10 7,67
Rheinland-Pfalz 22,22 5,24
Niedersachsen 43,49 3,76
Hamburg 13,82 3,44
Sachsen 19,51 2,05
Schleswig-Holstein 29,89 2,01
Mecklenburg-Vorpommern 29,75 1,00
Brandenburg 13,09 0,96
Sachsen-Anhalt 8,13 0,63
Thüringen 9,92 0,62
Bremen 2,44 0,49
Saarland 3,08 0,46
Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 2017

Die Ferienwohnung wird vorgezogen

Der Heimaturlaub liegt verständlicher Weise nach wie vor im Trend. Deutschland ist schön und ein nahes Reiseziel bietet im Hinblick auf die Unwägbarkeiten der Reisebranche weniger böse Überraschungen. Ohne Einspannung eines Reiseveranstalters à la GTI Reisen fällt immerhin die Sorge um eine Pleite weg. Deutschland war das beliebteste Reiseziel der Deutschen im Jahr 2021, so eine Analyse von HomeToGo, einem Marktplatz für Ferienunterkünfte. Dabei nannten 44,4 Prozent der Teilnehmer die Heimat als Urlaubsziel. Dies bedeutete gegenüber dem Vorjahr eine 61-prozentige Steigerung. Ostsee, Nordsee und Bayern tummeln sich dabei an der Spitze der beliebten deutschen Reiseziele. Auch im Trend: die Ferienwohnung. Gerade Familien mit Kindern bietet sie mehr Flexibilität und ist daher eine optimale Option zum Hotel.

Veränderte Reisebedürfnisse: Unternehmen wie GTI Reisen müssen sich anpassen

Die Menschen verlangt es nach den anstrengenden Pandemiemonaten nach Erlebnissen und Erholung. Zudem steht eine volle Reisekasse zur Verfügung, da im Großen auf Ausgaben verzichtet wurde. Dies führte dazu, dass beliebte innerdeutsche Urlaubsziele im vergangenen Jahr fix ausgebucht waren. „Revenge Travel“ hieß das Motto. Die Bedürfnisse der Verbraucher verändern sich dabei insgesamt. Die neue Arbeitnehmerflexibilität ist daran nicht unbeteiligt. Die immer stärkere Verknüpfung von Arbeit und Reisen stellt andere Anforderungen an Transportmittel und Unterkunft.

Mehr Flexibilität im Angebot nötig

Kurz- sowie langfristige Buchung sollte bei einer künftigen Mischung aus Unterkunft und Arbeitsplatz möglich sein. Hierin liegt die Herausforderung für Anbieter. Der Bedarf der Verbraucher spiegelt sich in permanent hohen Auslastungszahlen von Serviced Apartements sowie in der beträchtlichen Nachfrage nach Ferienwohnungen. Auch bei Stornierungskonditionen und Reisedaten werden deutlich mehr Möglichkeiten gewünscht. 2021 suchten Reisende bei HomeToGo über 600 Prozent häufiger nach einer flexiblen Buchung als noch im Vorjahr.

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